„…Wir gehen von der Feststellung aus, dass
die Aufmerksamkeit in sich ein ganzheitlicher Zustand des Individuums
und nicht an einen bestimmten Empfindungskanal gebunden ist. Es gibt keine
auditive und keine visuelle Aufmerksamkeit, sondern es gibt eine Aufmerksamkeit
des Empfängers für sinnliche Nachrichten, die aus der äußeren
Welt kommen, und diese Aufmerksamkeit kann sich entweder auf alle Nachrichten
verteilen, oder sie kann sich einer von ihnen auf Kosten aller anderen zuwenden.
…“ |
„…Die multiplen Künste sind sämtlich
kollektive Künste, deren Nachricht sich nicht an ein bestimmtes
Individuum, sondern an eine mehr oder weniger zahlreiche Gruppe richtet.
Die technischen Gründe sind noch klarer. Ein Künstler mag zwar,
statistisch gesehen, mit außergewöhnlichen Gaben ausgestattet
sein, aber die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering, dass ein Einzelner die
verschiedenen und manchmal widersprüchlichen Fähigkeiten hat,
die zum Aufbau einer multiplen Nachricht gehören. Multiple Nachrichten
stammen von einer Mehrzahl von Individuen, von einer Mikrogruppe von
Schaffenden, und wenden sich im allgemeinen an eine viel größere
Menge. Oper, Film, Ballett und Theater sind kollektiv, sie wenden sch an
eine soziale Gruppe, innerhalb derer sich ein Feld von interpersonellen
Beziehungen bildet, die die Voraussetzungen für den Empfang der Nachricht
schaffen (L. LEWIN). Im Gegensatz dazu wenden sich Zeichnung, Photographie,
Malerei, Skulptur und Literatur an eine Masse isolierter Individuen und
an deren innerstes Wesen. …“ |
„…Kurz, die multiple Nachricht ist eine unstabile
Nachricht; im Laufe ihrer geschichtlichen Entwicklung tendieren ihre konstitutiven
Teile zum Zerfall; anstatt in immer homogenerer Weise zu verschmelzen, trennen
sie sich in einfache, alternierende Nachrichten. Diese Entwicklung ist z.B.
beim Ballett sichtbar, das sich aus einem sehr kohärenten Gebärdenspiel
nach einfachen musikalischen Themen zum Alternieren von ‘Figuren’,
von fast bildhaften Dekors und Musik hin entwickelt hat. …“ |