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Von den Leitmedien und den Monomythen zur Multimedialität und den Polymythen |
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Alle technischen Instrumente müssen, mit (sozialem) Sinn versehen, ideologisch aufgeladen werden, damit sie zu Elementen der Kultur werden. Diese Sozialisierung führte bislang immer zu einer Rangordnung zwischen den Medien. Informationstheoretisch betrachtet erfüllt diese Hierarchisierung den Sinn, den Prozess sozialer Informationsverarbeitung durch die Festlegung von Prioritäten zu ordnen. Beispielsweise legte man in der Neuzeit fest: Sammle zuerst visuelle Informationen und verarbeite sie nach rationalen Kriterien! Diese Prämierung der jeweils fortgeschrittensten Kommunikationstechnologie erweckt in den Augen der Zeitgenossen oftmals den Eindruck, es gäbe gar keine anderen Medien und man befinde sich in einer monomedialen Kultur. Demgegenüber gilt es aber, gerade das Zusammenwirken der unterschiedlichsten
Informationsquellen und Kommunikationsbahnen gegenüber der betäubenden
Macht der Leitmedien im Auge zu behalten. Genau dieses Zusammenwirken
hat in der Neuzeit in den informationspolitischen Diskussionen keine Rolle
gespielt. Man sollte diesen Fehler in der gegenwärtigen Diskussion um
die 'Neuen Technologien' nicht wiederholen und stattdessen den funktionalen
sozialen Sinn der vielfältigen spezifischen Medien, Sensoren, Speicher,
Effektoren betonen. Statt einer hierarchischen Bewertung muss der ambivalente
Charakter der Technologien und ihr begrenzter Einsatzbereich hervorgehoben
werden. Multisensuelle Informationsverarbeitung (Synästhesie) anstatt weiterer monomedialer Ausdifferenzierung Der Gang der Kommunikations- und Mediengeschichte unterscheidet sich insoweit nicht von jenem unserer Wirtschaft und der übrigen Technik. Es ist die Geschichte von zunehmender Arbeitsteilung, einer ungeheuren Spezialisierung der materiellen Produktion. Je mehr die Arbeitsteilung vorangetrieben wird, desto stärker wird der Aufwand und die Notwendigkeit, sie wieder zusammenzuführen. Ab einem bestimmten Punkt zahlt sich Differenzierung überhaupt nicht mehr aus, weil der Planungs- und Integrationsaufwand zu groß wird. Dieser Punkt scheint sowohl auf dem Felde der Ökonomie als auch auf jenem der Informationsverarbeitung schon vielfach erreicht. Der Höhepunkt der Taylorisierung ist in den westlichen Industrienationen überschritten, das Management setzt auf flache Hierarchien, auf Teamarbeit und misstraut zunehmend unserer Fähigkeit, Auseinandergerissenes im Nachhinein wieder in einem ökonomisch rentablen Sinne zusammenfügen zu können. Eben deshalb beginnt man selbst in diesem hochartifiziellen Bereich die Produktivkraft des Gesprächs zu entdecken. Mit der Spezialisierung der Informationsverarbeitung und der technischen
Ausdifferenzierung der Medien ist in unserer Kultur ein Verlust des Gefühls
für die rechten Proportionen zwischen den Sinnen, zwischen Verstand und
Gefühl, zwischen kausalem Denken und Kreativität, zwischen sprachlicher
und anderer Darstellungsform einhergegangen. Ähnlich wie die Gelehrten
in der Renaissance das ausgehende Mittelalter als eine Zeit kritisierten,
in der die Harmonie verlorengegangen sei, so wird auch jetzt der Ruf laut,
einseitige Technisierungen und spezialisierte Interaktionsformen zurückzubauen.
Das Stichwort ist gegenwärtig 'Ganzheitlichkeit' oder - im wissenschaftlichen
Kontext - 'systemisches Herangehen'. Damals ging es um die 'wahren Proportionen',
und vor allem der Kunst kam die Aufgabe zu, in dieser Richtung neue Maßstäbe
zu setzen. |
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Monokulturen sind nicht nur in der Landwirtschaft gefährlich! |
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