Theoriefaden Von der sozialen zur kulturellen Kommunikation

 

 
Die europäischen Industrienationen haben das Konzept der Kommunikation psychologisiert und soziologisiert. Ihr Verständnis von Kommunikation lässt sich wie folgt umreißen:
 
Es kommen nur Menschen als Kommunikatoren in Frage, und diese werden weitgehend auf die höheren Bewusstseinsschichten reduziert.
Gesprochene und geschriebene Sprachen gelten deshalb als das Hauptmedium, in das sich alle relevanten Informationen übersetzen lassen.
Dahinter steht auch die Idee, dass diese Sprache ziemlich unmittelbar zwischen den Bewusstseinen vermitteln kann.

 
Dieser Ansatz unterschätzt den multimedialen Charakter unserer Kultur und Verständigung. Er überschätzt die Bedeutung von Sprache und Bewusstsein. Warum?
 

Nicht nur die Sprache sondern alles Verhalten, der Körper, das Handeln und natürlich auch andere Gegenstände dienen als Informationsmedium.
Es gibt keine medienlose Verständigung, immer müssen wir die Medien wahrnehmen, ihre Informationen deuten und verarbeiten. Insofern gibt es keinen Unterschied zwischen Sprechen und anderem Verhalten und zwischen dem Verstehen von Sprache und dem Verstehen von Verhalten, Werkzeugen, Pflanzen, Tieren usw. Pflanzen müssen genauso wie Tiere und die Lautsprache oder Schriftstücke wahrgenommen und ihnen Bedeutung zugeschrieben werden.
 

Auch was die wechselseitige Verständigung angeht, ist die interpersonelle Kommunikation nur ein Spezialfall von Wechselwirkung oder Spiegelung. Resonanz oder Rückkopplung ist das mindeste, was aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht erforderlich ist, um von einer kommunikativen Beziehung zu sprechen. Dazu muss dem Gegenüber, dem Kommunikator, die Möglichkeit einer wie immer gearteten Wahrnehmung zugesprochen werden. Der Mensch muss wahrnehmen, dass er wahrgenommen wird. Damit unterstellt er natürlich eine Ähnlichkeit mit dem Kommunikator, mindestens die, auch sensibel zu sein. Jede interpersonelle Kommunikation ist im kybernetischen Sinne ein Regelkreis.
Das Gespräch mag zwar das Paradigma für Regelkreise sein, aber solche Regelkreise gibt es auch im Verhältnis Mensch - Pflanze. Aus dem Wachstum der Pflanze können wir auf den Erfolg/die Wirkung unserer menschlichen Steuerung schließen. Wenn die Pflanze verkümmert, ändern wir unser Verhalten, regeln das Verhältnis neu. Gleichzeitig hinterlässt auch jeder Umgang mit der Natur in uns psychologische, physiologische und andere Spuren. Keine Kultivierung der Pflanzen ohne Botanisierung des Menschen. Andererseits wirkt der Mensch als Regler im Kreislauf der Natur.

Es kommt darauf an, die Unterschiede zwischen den verschiedenen Kommunikationsmedien (Mensch, Pflanze, Technik ...) zwar zu bemerken, aber sie nicht zu dramatisieren und also auch die Gemeinsamkeiten im Auge zu behalten. Vor allem geht es um die Klärung des Zusammenwirkens der verschiedenen Medien und Prozessoren. Hier genau liegt die Stärke des ökologischen und kulturwissenschaftlichen Ansatzes. Kommunikation, auch interpersonelle Kommunikation, ist ein Spezialfall kybernetischer Regelkreise.

Fliesstext: Cultural vision 3D auf die Kommunikationskultur