Theoriefaden Technical Vision 3D auf die Kommunikationskultur

 

 

In historischer Perspektive spricht wenig dafür, sich auch in Zukunft allein auf die Technik zu verlassen, wenn es um gesellschaftliche Veränderungen geht. Betrachtet man allerdings die gegenwärtige Politik, insbesondere die Maßnahmen, die etwa die europäische Gemeinschaft ergreift, um die Informationsgesellschaft voran zu bringen, so findet sich - mindestens bis in die jüngste Vergangenheit - eine ausschließliche und penetrante Technikfixierung. Man wiederholt diejenigen Konzepte, die bei der neuzeitlichen Industrialisierung angewandt wurden, um nunmehr auch den Umbau eben dieser Industriegesellschaft zu einer neuen Gesellschaft zu betreiben. Eine solche Politik könnte nur dann Erfolg haben, wenn die Informationsgesellschaft und die Industriegesellschaft weitgehend homomorph wären.

Genau das Gegenteil davon wird allerdings in den meisten Memoranden, z. B. durch die Betonung der revolutionären Umwälzungen, behauptet. Weitaus plausibler wäre es dann, eine Veränderung des Verhältnisses von Technik und Gesellschaft, von technischer, individueller und sozialer Informationsverarbeitung für die Zukunft anzunehmen. Sowohl bei der Neugestaltung dieses Verhältnisses als auch bei der notwendigen Optimierung der verschiedenen Formen von kooperativen Wahrnehmungs-, Verarbeitungs-, Reflexions- und Darstellungsprozessen wird zweifellos Technik, wie die Digitalisierung der Informationen und die globale Vernetzung, unverzichtbare Hilfe leisten.

Gerade der Blick auf die Technikgeschichte zeigt, dass kurzfristig auf dem Feld der Technisierung der Informationsverarbeitung noch ein ungeheurer Nachholbedarf existiert. Mit der Technisierung individueller Informationsverarbeitung (Video- und andere Sensoren, Ton-, Bildspeicher, elektronische Rechner, programmgesteuerte Maschinen) wird ja bloß die Technisierung von Handfertigkeiten und Muskelkraft, die die erste Phase der Industrialisierung prägte, nachvollzogen. Dass man sich nach der Analyse und Automatisierung menschlichen Handelns auch mit seinem Erleben und Denken befasst, scheint ein folgerichtiger und unaufhaltsamer Prozess zu sein. Langfristig, und mit Blick auf andere Bereiche als die wirtschaftliche Synthesis und die Ausbeutung bzw. Wahrnehmung und Modellierung der äußeren Umwelt, sind jedoch Zweifel angebracht, ob sich die Technisierung als eine umfassende Vision für eine Modernisierung der gesellschaftlichen Informationsverarbeitung und Kommunikation eignet. Eine Vision, in irgend einem durch historische Erfahrung und Kulturvergleich geläuterten Sinn, bietet der 'multimediale Technopark' nicht. Er schreibt bloß Entwicklungen fort, die eine relativ kurze Spanne der Kulturgeschichte weniger sozialer Systeme bestimmt haben.

Theoriefaden: Medienpolitik und Kommunikationsmanagement im Zeichen der Dialogkultur (2)                    Fliesstext: Veränderungen in Technik und Kommunikation am Übergang der Industrie- zur Informationsgesellschaft                    Excerpt: Technopol und Technical Vision (N. Postman)