Am Ende des 20. Jhs. standen zwei grundsätzlich unterschiedliche Möglichkeiten
der Vernetzung bereit. Man konnte an die schriftlichen Kodierungsformen
und die technisierten Verbindungskanäle oder an mündliche Kodierungsformen
und drahtlose Übertragungsmedien anknüpfen.
Die erste Form setzt den Entwicklungsgang von den Protoschriften über
die Alphabetschriften bis hin zu den digitalen Zahlencodes bzw. von den
Tonscherben, über die Steininschriften, Papyrus, Papier und LCD-Monitore
fort. Sie treibt die Technisierung der Kommunikationswege, der akustischen
Leitungssysteme, der Telephondrähte weiter bis zur Breitbandverkabelung
auf Glasfaserbasis.
Die zweite Möglichkeit setzt wieder am Gespräch an. Sie steht
in der Tradition von Amphitheater, Minaretten, Kathedralen und der drahtlosen
Übertragung von Rede und Bildern in Funk und Fernsehen. Statt der
Transformation von Information aus den verschiedenen Medien in das eine
technisierte Transportmedium, geht es im zweiten Fall um die Transformation
von Schallwellen (und Licht) in (andere) elektromagnetische Wellen und
um deren technische Verstärkung. Im ersten Fall haben wir ortsgebundene
Sender und Empfänger, die eine immer länger werdende Adresse
brauchen (JP). Wenn wir diese Hausnummer kennen und die Wege, können
wir Information an einzelne und mehrere befördern.
Die zukünftigen Strukturen des "Rundfunks" sind weniger
klar. Im Grunde müssen alle, die das drahtlose Internet aufbauen,
eine persönliche, sehr fein definierte Frequenz zugewiesen bekommen.
Wenn wir diese Frequenz kennen, und die Partner auf Empfang gestellt haben,
können wir sie gezielt "anfunken". Abhören ist prinzipiell
möglich, Kontrolle kaum. Die wirtschaftliche Nutzung wird eingeschränkt,
da es kein Eigentum an den Kanälen mehr geben kann. Daneben können
die traditionellen Breitband-Frequenzen weiterbestehen und für Massen-
und Gruppenkommunikation genutzt werden.
Weiterbestehen werden selbstverständlich auch die Kabeldienste. Es
gibt viele Zwecke, bei denen diese 'feste' Form der Vernetzung Vorteile
besitzt.
Die Vision des drahtlosen www kann erst Wirklichkeit werden, wenn die
Technik 'feinere' Sende- und Empfangsgeräte sowie die Möglichkeit
von mikroskopischer Modulation zur Verfügung stellen kann. Davon
sind wir anscheinend noch weit entfernt (nicht zuletzt deshalb, weil seit
den 80er Jahren Fördermittel fast ausschließlich in die Kabelprojekte
geflossen sind).
Aber selbst wenn die Verknüpfung von Computern sowie von anderen
technischen Sensoren/Effektoren/Speichern mit dem 'Rundfunk' für
absehbare Zukunft nicht machbar ist, so dürfte die Drahtlos-Vision
dem Begriff 'Internet' bzw. 'Netzwerk' eine grundsätzlich andere
Facette hinzufügen: Wir brauchen uns kulturelle Vernetzung nicht
nur als Verbindung mit Hilfe von Leitungen, als Gitternetz mit Knoten
und Linien vorzustellen. Die kommunikative Verknüpfung kann auch
als Reiten auf einer Welle erfolgen, wobei die mitsurfenden Kommunikatoren
in ähnlicher Frequenz schwingen. Wir erleben uns in einem All oszillierender
Lichtpunkte, die unterschiedlich, aber eben auch teilweise mit gleicher
Frequenz flimmern. Nicht mehr der Relaisrechner und dessen Nachfolger
lieferten dann das Paradigma für kooperative Vernetzung, sondern
das elektromagnetische All mit seiner unüberschaubaren Artenvielfalt
an Wellen und Korpuskeln. Zwangsläufig träten dann die technischen
Medien hinter den natürlichen, die Schrift hinter den bewegten Lauten
und Körpern zurück. Konstanz, statistische Zustände erscheinen
als Sonderfall von Bewegung - nicht die Bewegung als Produkt von Körpern,
die durch Arbeit/Energie aus ihrer Ruhelage gebracht wurden.
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