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05 Verarbeiten |
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Das Prinzip der Parallelverarbeitung |
Der Linearisierung der Informationsverarbeitung steht entgegen, dass zugleich
im Menschen als komplexem informationsverarbeitenden Ökosystem mehrere Prozesse
ablaufen. Es gibt nie nur einen einzigen Wahrnehmungsvorgang, den wir
selbst bei uns oder bei anderen bemerken. Simultan laufen viele Wahrnehmungs-
und Handlungsprozesse ab. Gleichzeitigkeit bedeutet aber keineswegs
Synchronizität!
Zu jedem beliebigen Zeitpunkt laufen nicht nur parallel Wahrnehmungs- oder
Verarbeitungsvorgänge ab, sondern gleichzeitig befindet sich unsere
Informationsverarbeitung in unterschiedlichen Phasen des Zyklus: Jede
Wahrnehmung wird beispielsweise von Ausdrucksbewegungen begleitet. Während des
Nachdenkens schaltet unsere Wahrnehmung nicht vollständig ab - und die
Reflexion hört auch nicht auf, wenn wir zuhören oder zusehen. Ob und wie diese
simultanen Prozesse miteinander zusammenhängen, ist eine empirische, von Fall
zu Fall zu entscheidende Frage.
Es scheint für den Menschen in unserer Zeit und Kultur kaum möglich, diese
Vielfalt gleichklingender und phasenverschobener Prozesse als solche
wahrzunehmen, zu denken, zu akzeptieren. Er tendiert dazu, einen - oder doch
sehr wenige Prozesse - herauszuheben und durch Aufmerksamkeit (oder andere
Mechanismen?) zu prämieren. Unser psychischer Apparat hat zu begrenzte
Ressourcen, als dass er die Multidimensionalität der Informations- und
Kommunikationsprozesse erfassen könnte. Wir müssen fokussieren.
Unser Bewusstsein tendiert zweitens dazu, gleichzeitige Prozesse hintereinander
zu ordnen - sie in eine zeitliche Reihenfolge zu bringen, sie zu linearisieren.
Drittens haben wir die Tendenz, in unserer Selbstbeschreibung die parallelen
Prozesse zu synchronisieren. Asynchrone Verläufe werden unterdrückt. So
erleben wir uns als 'Zuhörende' obwohl wir zugleich massive nonverbale
Botschaften versenden.
Ein Ziel des Trainings ist es die Tendenzen zu Fokussierungen und zu
Linearisierungen zu verlangsamen und die Möglichkeit zu geben, die
Gleichzeitigkeit zu erfahren. Dies schafft Raum für die Emergenz alternativer
Wahrnehmungen, Reflexionen, Handlungen usf. und für alternative Ordnungen des
Ablaufs.
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