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Theoriediskussion Das Prinzip der Parallelverarbeitung
 

Der Linearisierung der Informationsverarbeitung steht entgegen, dass zugleich im Menschen als komplexem informationsverarbeitenden Ökosystem mehrere Prozesse ablaufen. Es gibt nie nur einen einzigen Wahrnehmungsvorgang, den wir selbst bei uns oder bei anderen bemerken. Simultan laufen viele Wahrnehmungs- und Handlungsprozesse ab. Gleichzeitigkeit bedeutet aber keineswegs Synchronizität!
Zu jedem beliebigen Zeitpunkt laufen nicht nur parallel Wahrnehmungs- oder Verarbeitungsvorgänge ab, sondern gleichzeitig befindet sich unsere Informationsverarbeitung in unterschiedlichen Phasen des Zyklus: Jede Wahrnehmung wird beispielsweise von Ausdrucksbewegungen begleitet. Während des Nachdenkens schaltet unsere Wahrnehmung nicht vollständig ab - und die Reflexion hört auch nicht auf, wenn wir zuhören oder zusehen. Ob und wie diese simultanen Prozesse miteinander zusammenhängen, ist eine empirische, von Fall zu Fall zu entscheidende Frage.
Es scheint für den Menschen in unserer Zeit und Kultur kaum möglich, diese Vielfalt gleichklingender und phasenverschobener Prozesse als solche wahrzunehmen, zu denken, zu akzeptieren. Er tendiert dazu, einen - oder doch sehr wenige Prozesse - herauszuheben und durch Aufmerksamkeit (oder andere Mechanismen?) zu prämieren. Unser psychischer Apparat hat zu begrenzte Ressourcen, als dass er die Multidimensionalität der Informations- und Kommunikationsprozesse erfassen könnte. Wir müssen fokussieren.
Unser Bewusstsein tendiert zweitens dazu, gleichzeitige Prozesse hintereinander zu ordnen - sie in eine zeitliche Reihenfolge zu bringen, sie zu linearisieren.
Drittens haben wir die Tendenz, in unserer Selbstbeschreibung die parallelen Prozesse zu synchronisieren. Asynchrone Verläufe werden unterdrückt. So erleben wir uns als 'Zuhörende' obwohl wir zugleich massive nonverbale Botschaften versenden.
Ein Ziel des Trainings ist es die Tendenzen zu Fokussierungen und zu Linearisierungen zu verlangsamen und die Möglichkeit zu geben, die Gleichzeitigkeit zu erfahren. Dies schafft Raum für die Emergenz alternativer Wahrnehmungen, Reflexionen, Handlungen usf. und für alternative Ordnungen des Ablaufs.

Theoriediskussion: Maximen der Informationsverarbeitung aus anthropologischer Sicht                    Theoriediskussion: Die drei Phasen eines Informationsverarbeitungszyklusses

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