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06 Sprechen

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Zusammenfassung Zusammenfassung Module 01 - 06
Das menschliche Verhalten als out-put des Informationssystems und als Kommunikationsmedium
 
Wenn man den Menschen als informationsverarbeitendes System betrachtet, dann entspricht sein leibliches Verhalten der Aktivität der Effektoren, dem out-put
   
Dieses Verhalten kann durch künstliche, technische Hilfsmittel verstärkt und verändert werden.
   
Das Verhalten des einen kann dem anderen Menschen als Informationsmedium dienen - wie die übrige belebte und unbelebte Natur auch.
   
Dazu muss er Sensoren einsetzen, die auf das Medium/Verhalten abgestimmt sind. Hier gibt es einen zirkulären Zusammenhang: Was für ein beliebiges System informativ werden kann, hängt von der Charakteristik der Sensoren ab. Andererseits entwickeln sich die Sensoren in Abhängigkeit von der relevanten Umwelt der Systeme.
   
Die Mehrheit unseres Verhaltens: Mimik, Gestik, Fortbewegung, Gleichgewichtsverhalten, Gerüche, Geräusche, usf. ist nonverbal und wird nicht durch das Bewusstsein gesteuert.
   
Verhalten, welches intentional gesteuert wird, bezeichnet man häufig als 'Handlung'. Vor allem das Sprechen wird in unserer Kultur als Handlung bewertet.
   
Die meisten menschlichen Kommunikationssysteme sind multimedial angelegt: Sprechen, Mimik, Gestik, Handeln und andere dienen gemeinsam als Kommunikationsmedium.
   
Typischerweise wird diese Vielfalt gerade dann eingeschränkt, wenn man die menschlichen Kommunikationssysteme technisiert. Musterbeispiel: Telefon.
   
Menschen können ihr leibliches Verhalten wechselseitig auch als Kommunikationsmedium betrachten. Sie unterstellen dann, dass es mehr oder weniger bewusst kontrolliert eingesetzt wird, um den anderen etwas mitzuteilen.
   
Jedes Verhalten und überhaupt alle Kommunikationsmedien müssen von dem oder den Kommunikationspartner(n) wahrgenommen und interpretiert werden. Es ist eine vage Umwelt (Attribution) mehrdeutig und deshalb offen für viele Bedeutungszuschreibungen.
   
Oder anders: Jede Bedeutungszuschreibung ist unvollständig oder 'semierratisch', wie manche Psychologen sagen. Verstehen ist projektiv - aber es kann sich mit dem gemeinten Sinn decken.
   
Informations- und Kommunikationsmedien sind multivalent/mehrdeutig.
   
Weil die Umwelt (einschließlich des Verhaltens unserer Mitmenschen) viele Bedeutungen (Informationen) besitzt und wir sie nur selektiv wahrnehmen und deuten können, deshalb sagen unsere konkreten Bedeutungszuschreibungen immer auch etwas über unsere eigenen Selektionsprogramme (Motive, Interessen, biographische Erfahrungen...) aus. (halbvoll: halb leer; glücklich: sorglos; studieren: arbeiten)
   
Mit unseren Deutungen und Verhalten geben wir gleichzeitig zu verstehen, was wir nicht bemerkt haben bzw. über was wir nicht reden wollen. (B. Brecht: "Was ist das für eine Zeit, wo ein Gespräch über Äpfel fast ein Verbrechen ist, weil es ein Schweigen über so viele Dinge einschließt?" Stärken und Schwächen von Wahrnehmung und Ausdruck hängen zusammen.
   
Es gibt viele Versuche von Wissenschaftlern, die Mehrdeutigkeit der Kommunikationsmedien durch Schemata zu reduzieren: Zeichenmodell von K. Bühler, 4 Seiten einer Nachricht von Schulz von Thun, Inhalts- und Beziehungsaspekt bei P. Watzlawick usf. Nach diesen Modellen enthält ein Kommunikationsmedium Informationen über:
 

a) den Sender
b) die Beziehung zwischen Sender und Empfänger
c) den Empfänger
d) die Welt(‚Inhalt')

Man kann diese Vorschläge als Versuch betrachten, unsere Wahrnehmung/unser Verstehen von verbalen Kommunikationsmedien zu normieren.

   
Voraussetzung jeder Normierung ist die Selbstwahrnehmung der eigenen Wahrnehmungs- und Darstellungsprogramme, ihre Beschreibung und Mitteilung an andere.
   
Normen sind Aufforderungen an die Interaktionspartner (Selbstbeschreibungen (Deskriptionen) zu Grundlagen ihres Handelns und Erlebens zu machen.
   
Natürlich müssen auch solche Normierungsvorschläge und Selbstbeschreibungen wieder gedeutet werden, was die Möglichkeit zu Missverständnissen, denen wiederum durch Normierung begegnet werden kann, einschließt.
   
Generell erleichtert die Verbalisierung der eigenen Selbstbeschreibungen, Deutungsperspektiven usf. die Parallelverarbeitung von Informationen. Blitzlicht, Metakommunikation.
   
Die Übernahme der Standpunkte und Perspektiven des einen Kommunikationspartners durch den anderen (Spiegelung!) kann unbewusst und habituell oder nach expliziten sprachlichen Regeln (kodifiziert) sowie in vielen Zwischenstufen erfolgen.
   
Generell lässt sich menschliches Verhalten sozial normieren, in dem es nach sozialen Regeln, die entweder habituell oder kodifiziert sind, ausgeführt wird.
   
Da die Kodifizierung in unseren Kulturen fast ausschließlich durch Sprache erfolgt, ist dieses Medium ein wichtiges Instrument sozialer Normierung.
   
Je stärker das Verhalten sozial normiert und/oder technisiert ist, desto sicherer werden wir in der Bedeutungszuschreibung.
   
Nonverbales Verhalten gilt deshalb im Unterschied zu Rede und Schrift als besonders interpretationsbedürftig. Falsch wäre aber die Annahme, sprachliches Verhalten sei von einer grundsätzlich anderen Qualität als das nonverbale, brauche etwa nicht ‚gedeutet' werden.
   
Ganz gleich welche Bedeutung ein Sprecher seinem Verhalten zumisst, der Zuhörer/-schauer antwortet immer aufgrund der Bedeutungen, die er selbst dem Gegenüber zuschreibt.
  Symbolischer Interaktionismus: Menschen handeln aufgrund der Bedeutungen, die sie den Dingen zuschreiben.
   
Stimmen die Bedeutungszuschreibungen nicht überein, können sie in einem nächsten Schritt korrigiert werden. Die Gesprächspartner handeln Bedeutungszuschreibungen aus. (Kommunikation als Bedeutungsaushandlung)
   
Für viele soziale Zwecke ist nur ein minimales wechselseitiges Verstehen erforderlich. (Mikroanalysen sozialer Kommunikation machen jedenfalls immer wieder deutlich, trotz welcher zahlreicher Missverständnisse Kooperation ablaufen kann.)

 

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06 Sprechen\Zusammenfassung\Zusammenfassung Module 01-06

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