Diese Texte (Listen) sind zumeist in Tempeln gefunden, was frühere Wissenschaftler zu der Vermutung Anlass gab, dass es sich hierbei um „kultische Schriftverwendung" handelt „Alle Texte können, wie im einzelnen gleich anzuführen, aus der Sphäre von Verwaltung und Recht stammend verstanden" werden (Schenkel 23). Schenkel unterscheidet folgende Textsorten aus jener Zeit:

a) Aktenauszüge (Besitzerwerbsurkunden, Dienstleistungsverträge, königliche Zuweisung)

b) Feststellung der Personen, die das Begräbnis besorgten

c) Feststellung der ordnungsgemäßen Bezahlung der mit Grabbau und Bestattung beauftragten Personen

d) Androhung von Sanktionen gegen alle, die das Grab beschädigten

e) Forderungen an die Vorübergehenden, dem Toten ein Gebet zu sprechen.

Daneben findet man noch in den Göttertempeln Reden, in denen den Königen Gaben zugewiesen werden.

Man kann also im Großen und Ganzen sagen, dass neben den ersten schriftlichen Aufzeichnungen, die ausschließlich aus Listen bestanden, sehr bald die Verschriftung von einzelnen Sprechakten (Androhung, Forderung) traten.

Man muss im Übrigen beachten, dass funktionale Zuweisung der Schrift an einen Bereich wie Wirtschaft oder Kult für das Altertum fragwürdig sind, weil diese Bereiche gesellschaftlich nicht in dem Maße als Subsystem ausdifferenziert sind, wie wir das heute gewohnt sind.

Assmann (in Assmann 1983) sieht in Ägypten beim Übergang vom Alten zum Mittleren Reich einen Aufschwung der literarischen Gattungen. Im einzelnen werden ff. Themen behandelt:

A „Klagen und Prophezeihungen"

1. „Die Mahnworte des Ipuwer", Papyrus Leiden J 344, Lichtheim (1973), 149-163

2. „Die Prophezeiungen des Neferti", Papyrus Leningrad 1116B, Lichtheim, 139-145

3. „Die Klagen des Chacheperresenb", Schreibtafel BM 5645, Lichtheim, 145-148

B Dialoge

1. „Das Gespräch eines Lebensmüden mit seinem Ba", Papyrus Berlin 3024, Lichtheim (1973), 163-169

2. „Die Klagen des Bauern", Papyri Berlin 3023, 3025 und 10499, Lichtheim, 169-184

3. „Die Rede des Sisobek", Papyrus Ramesseum I, Barns (1956), 1-10

C Unterweisungen

a) Königslehren

1. „Die Lehre für Merikare", Papyrus Leningrad 1116A u. a., Lichtheim (1973), 97-109

2. „Die Lehre Amenemhets I.", Papyrus Millingen, Lichtheim, 135-139

b) Beamtenlehren

1. Die Lehre des Ptahhotep, Papyrus Prisse und 2 Londoner Papyri, Lichtheim, 61-80

2. Die Lehre des Cheti (Berufssatire), Papyrus Sallier II und Anastasi VII im BM, Lichtheim, 184-192

c) Loyalistische Lehren

1. Die Loyalistische Lehre, Papyrus Louvre E 4864 u. v. a., Posener (1976), vgl. Lichtheim, 125-129

2. Die Lehre eines Mannes für seinen Sohn, verschiedene kleinere Quellen, vgl. Posener (1979), 308-316

D Erzählungen

1. „Die Erzählungen des Sinuhe", Papyrus Berlin 3022 und 10499 u. a., Lichtheim (1973), 222-235

2. „Die Erzählung des Schiffbrüchigen", Papyrus Leningrad 1115, Lichtheim, 211-215

3. „Wundererzählungen am Hofe des Cheops", Papyros Westcar (= Berlin 3033), Lichtheim, 215-222

Ich halte alle diese Texte im großen ganzen für Werke des Mittleren Reichs26 (für A2-3, Ca2, b2, c1-2 und D1 ist dieser Ansatz ohnehin gesichert, während A1, B1-3, Ca1 und zuweilen auch D2 in die Übergangszeit davor, Cb1 sogar in das Alte Reich und D3, von einigen auch A1, in die Übergangszeit nach dem Mittleren Reich gesetzt werden), rechne aber nicht mit einer creatio ex nibilo, sondern mit einer längeren, die Übergangszeit nach dem Ende des Alten Reichs umfassende Vorgeschichte, die in vielen dieser Texte (besonders A1, B1-3, Ca1) auch textkritisch noch greifbar ist. Ich gehe davon aus, dass die Entstehung dieses neuartigen literarischen Diskurses zeitlich zusammenfällt mit, und historisch erklärbar ist aus dem Ende des Alten Reichs."

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