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Weitere staatliche Postnetze |
„Der Grundsatz der Beschleunigung der Nachrichtenbeförderung
durch zweckmäßige Arbeitsteilung ist deutlich erkennbar zunächst
bei den Perserkönigen, die bereits im 6. Jh. v. Chr. einen regelmäßigen,
angareion genannten Kurierdienst mittels reitender Boten eingerichtet
und zu einem geordneten System ausgebaut hatten. Die Könige Kyrus
und Darius 1. (522 bis 486) überspannten ihr großes Reich mit
einem dichten Straßennetz mit gleichmäßig verteilten
Stationen zum Wechseln der Pferde für die Tag und nacht verkehrenden
Reitposten... Für den Nachrichtendienst waren die Beamte und Boten
angestellt, die mit besonderen Rechten ausgestattet waren. Die Gestellung
von Pferden, Futter usw. war den Untertanen als Frondienst auferlegt.
Der Kurierdienst erstreckte sich über alle Teile des persischen Reiches
und war auf den Hauptverkehrsstrecken noch mit Rufposten und Signaleinrichtungen
kombiniert, so daß die Könige oft noch am gleichen Tag alle
wichtigen Vorgänge in ihrem Herrschaftsbereich erfahren haben sollen...
Das allpersisische Nachrichtenwesen stand ausschließlich im Dienste
der Herrscher.“[4] Das osmanische Reich übernahm einzelne Postwege des
römischen Cursus Publicus - und sicherlich auch einzelne Routen aus
dem alten persischen Netz. Zu eigentlichen Straßen baute es die
Verkehrswege nicht aus: „Das von Europa überaus bewunderte
Straßennetz des osmanischen Reiches besteht im 17. und 18.Jh. aus
schmalen, gepflasterten Mittelstreifen für die Reiter, nur drei Fuß
breit, jedoch nach beiden Seiten von Herden und Fußgängern
zu Saumwegen von zehnfacher Breite ausgetreten.“[5] Ein regelmäßiger Nachrichtenschnellverkehr unter Anwendung des Relaissystems scheint sich jedoch erst unter Konfuzius (551-479 v. Chr.) entwickelt zu haben ...[6] Diesem System war eine weit längere Lebensdauer beschieden als seinen europäischen Varianten: Marco Polo (1254 bis 1324) ist von diesem Postsystem auf seiner Chinareise jedenfalls ganz begeistert und berichtet, daß sich im Abstand von jeweils 25 Meilen noch immer die Herbergen und Stallungen in bestem Zustand befinden.“ Als ungewöhnlich fällt Marco Polo auf, dass alle drei Meilen auch Häuser für laufende Boten anzutreffen seien.[7] Zu Lebzeiten Marco Polos hatten die oberitalienischen Städte zwar auch wieder mehr oder weniger regelmäßige Botendienste eingerichtet, die Vollkommenheit des römischen Postwesens, das mit seinem Untergang in der Spätantike ebenfalls zerfiel, wurde in Europa allerdings erst wieder in neuerer Zeit „kaum vor Ende des 18. Jahrhunderts“ (Bräuer, 69) erreicht. Es ist nun interessant, dass man im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit in Europa die Nachrichtensysteme nicht mehr an Herrscherhäuser koppelte, sondern eine Vielzahl von dezentralen Botensystemen schuf. Sie lagen sowohl in den Händen von weltlichen Herrschern, kirchlichen und anderen Organisationen als auch von Zünften und schließlich wurden sie auch aus rein kommerziellen Gesichtspunkten von Privatpersonen organisiert. Diese Dezentralisierung hat sich auf Dauer als ungemein vorteilhaft erwiesen und sich im Wechsel der politischen Regime, über Naturkatastrophen und Pestepidemien hinweg bewährt. Vor allem aber ermöglichte diese Organisationsform, dass nunmehr breitere Schichten der Bevölkerung an dem ,Postverkehr' teilnehmen konnten. Auch hier wurden die Zugangsvoraussetzungen schrittweise von Rang- auf Marktkriterien umgestellt. Wer nur genügend bezahlte, konnte jede Information rasch weitergeben. Dabei muß allerdings von vornherein gesagt werden, dass die Nachrichten in jener Zeit als Luxusgüter behandelt wurden, die man teilweise nur mit Gold aufwiegen konnte. „'Es gibt keinen Kurier', schreibt der Gesandte
des Herzogs von Ferrara aus Venedig in einem Brief an seinen Herrn, der
nicht mindestens einen Dukaten pro Brief verlangt' - obwohl die beiden
Städte Ferrara und Venedig relativ nahe beieinander liegen. Anfang
des 16. Jhs. variieren die Preise für den Weg zwischen Venedig und
Nürnberg je nach der Zeit, in der die Strecke zurückgelegt wird.
Bei 4 Tagen Beförderungszeit kostet der Brief 58 Florin; bei 4 Tagen
und 6 Stunden 50 Florin; bei 5 Tagen 48 Florin; bei 6 Tagen 25 Florin
...“[8] „Nur die großen Bankiers und die Regierungen können es sich noch leisten, derartige Luxusbeförderungen in Anspruch zu nehmen, deren Preis übrigens mit den Jahren unaufhörlich steigt. Am 14. Juli 1560 schickt Chantonnay, der damalige Botschafter Philipps II. am französischen Hof, einen Kurier von Chartres nach Toledo und zurück, der insgesamt 179 Poststationen durchläuft und 358 Dukaten kostet (2 Dukaten pro Station). Eine gewaltige Summe, weit mehr als das Jahreseinkommen eines Lehrers an der Universität von Padua oder Salamanca! ... Die Reichen können sich auch die unmenschlichsten Leistungen erkaufen.“[9]
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Abb. links: Wegmesser aus Dresden von 1584 (Christoph
Trechsler d. Ä, Staatl. Mathematisch-Phisikalischer Salon Dresden) Abb.rechts: Landmesser mit Messketten und stäben bei der Arbeit 1575 (??? Kat. Nummer 23) |
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[4] Hans-Jochen
Bräuer: Die Entwicklung des Nachrichtenverkehrs. Eigenarten, Mittel
und Organisation der Nachrichtenbeförderung. Diss. Oec. an der Hochschule
für Wirtschafts- und Sozialwissenschaft, Nürnberg 1957, S.67/68.
Er stützt sich vor allem auf Wilhelm Götz: Die Verkehrswege im
Dienste des Welthandels, Stuttgart 1888, S.165 ff. und Karl Sautter: Die
Post im Leben der Völker im Wandel der Zeit. In: Archiv für das
Post- und Fernmeldewesen, Frankfurt 1950, S.105 ff. [5] Fernand Braudel: Das Mittelmeer und die mediterane Welt in der Epoche Philipps II., Bd. 1 Frankfurt, 1990, S. 410 (zuerst 1949) [6] Bräuer 1957 obcit S. 68 unter Berufung auf Sven Helander: Nationale Verkehrsplanung, Jena 1937, S. 8ff. [7] Werner Hadorn/Mario Cortesi: Mensch und Medien. Bd.2: Die Geschichte der Massenkommunikation, Stuttgart 1986, S. 24. [8] Braudel, obcit Bd. 2, S. 32. [9] Braudel, obcit Bd. 2, S. 35 |
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