Leitfaden Hypothesen über die Kontaktaufnahme
   
Quelle: Gerber, Dieter/Scherer, Brigitte, Empirische Forschungsarbeit Organisationsdiagnose: Beforschung städtischer Betriebe, Studienarbeit EVFH Hannover 2001, Postgradualer Studiengang 'Supervision', Ltg. Prof. Dr. Kornelia Rappe-Giesecke.

Nach der Kontaktaufnahme () reflektieren die Forscher ihre ersten Eindrücke.

„Innerhalb der wenigen Minuten, die das erste Telefongespräch dauerte, hatten sich bereits zwei heftige Irritationen bei mir eingestellt. Kaum hatte ich den Telefonhörer aufgelegt, blieb ich rätselnd zurück: Welche „Vorgespräche" hat es da wohl gegeben? Indem wir unsere Kommilitonin danach fragten, agierten wir aber schon wieder auf einer zweiten Ebene. Offenbar ließ sich das kaum vermeiden. Und was sollte diese prompte Auskunft bedeuten, dass die Stadtwerke nichts zu verbergen hätten? In gemeinsamen Reflexionen kam uns relativ schnell die Freudsche Verneinung in den Sinn:
Wenn jemand im ersten Kontakt völlig ohne Not beteuert, nichts zu verbergen zu haben, dann hat er wahrscheinlich etwas zu verbergen. Was aber soll verborgen werden? Waren nicht nur die Gasleitungen im Untergrund marode? Und an wen waren eigentlich diese Worte gerichtet? Wer also waren wir in der Fantasie des Stadtwerkeleiters? Waren wir eine fantasierte Kontrollinstanz? Irgendwie war dieses kurze Gespräch mit rätselhaften Signifikanten durchsetzt, so als würde sich unser Gesprächspartner am anderen Ende nicht an uns, sondern einen imaginären Anderen wenden.
Hinzu kam der Termin, an dem der Bürgermeister und der Leiter der Stadtwerke umsonst auf uns gewartet hatten. Aus der Distanz betrachtet, entbehrte das Ganze nicht einer gewissen Komik. Aber zunächst war die Vorstellung für uns doch reichlich unangenehm:
Hatten die beiden sich über uns geärgert? Und auch wenn es nicht unser Verschulden war, welche Auswirkungen würde dies auf die nächste Begegnung haben? Dass der Bürgermeister und der Stadtwerkeleiter vergebens auf uns gewartet hatten, stellte ja nicht nur eine kleine Szene dar, sondern präsentierte sich geradezu als große Inszenierung. Wir wussten nur nicht so genau, was eigentlich gespielt wurde und welche Rolle uns zugedacht war. Wir waren noch gar nicht persönlich aufgetaucht und hatten schon einen Platz im System; mit uns wurde (inter-)agiert. Dieses System bestand aber nicht nur aus den Stadtwerken, es umfasste auch die Stadtverwaltung. Die Stadtwerke waren gewissermaßen ein Subsystem und wir intervenierten mit unserer Anfrage offenbar auch in das Gesamtsystem. Das galt es für die Zukunft zu berücksichtigen.“

Leitfragen für Erstkontakt
Beispiele zur Organisationsdiagnose städtischer Betriebe
 

 

 

 

 

 

 

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